Strukturierter Wissenstransfer – weshalb und wie? Lesen Sie dazu Teil 1 (Interview DSM) oder Teil 2A (Grundlagen). In diesem Teil geht es um die konkrete Umsetzung eines Strukturierten Wissenstransfers für Team und Schlüsselpersonen:
In der Initialisierung wird gemeinsam mit allen Beteiligten (Vorgesetzte, Wissensträger, Wissensempfänger) geklärt, welche Bereiche, Aktivitäten und Funktionen für den Nachfolger relevant sind: Dies sind beispielsweise Strategie der Organisationsentwicklung, Zielsetzung des Wissenstransfers aus Sicht des Vorgesetzten, Ausgangslage, Ressourcen, an die Umstände und an die Personen angepasste Vorgehensweise. In diesem Fall wird der Wissenstransfer mittels der dreistufigen Methodik umgesetzt.
In einer ersten Phase wird das zu transferierende Wissen identifiziert, visualisiert und geeignete Methoden für den Wissenstransfer bestimmt. Für die Visualisierung haben sich Wissenslandkarten als sehr geeignet erwiesen. Darauf werden Prozesse, Personen und Systeme sowie deren Verknüpfungen sichtbar gemacht: Wissen im Kontext.
Mit der
Erstellung einer Worksphere Map stehen meist erstmals eine Übersicht des
erforderlichen Wissens und eine Priorisierung für die nächsten Schritte zur
Verfügung. Die Visualisierung enthält Organisationen, Kontaktpersonen, Best
Practices, Systeme, Prozesse, Notfallszenarien usw.
Idealerweise beteiligten sich an der Wissensidentifizierung sowohl Vorgänger
als auch Nachfolger. Damit entsteht eine gemeinsame Basis, ein «Common Ground»
für alle Beteiligten, was das Verständnis erheblich fördert. In dieser Phase
ist eine Begleitung «von aussen» (z.B. durch einen Transfer Coach) nützlich:
Blosses Abfragen von Fakten ist in Arbeitsbereichen einer Schlüsselperson wenig
sinnvoll. Der Transfer Coach ist dafür verantwortlich, dass eine
aussagekräftige Wissenslandkarte entsteht und ermöglicht durch Fragestellungen
und andere Techniken, das Erfahrungswissen der Schlüsselperson im Kontext
sichtbar zu machen. An der Erstellung sind Vorgänger, Nachfolger und Transfer
Coach aktiv beteiligt.
Struktur
einer Worksphere Map / Wissenslandkarte, weitere Informationen dazu weiter unten.
(Quelle: www.wissenstransfer.ch)
Grundlage dafür
ist das so genannte 70:20:10 Lernmodell. Es zeigt auf, wie für komplexe
Arbeitslandschaften in der Einarbeitungsphase effizient gelernt werden kann:
(nach Charles Jennings, Lombardo, Eichinger u.a.)
Beachten Sie, dass die Anteile «70» und «20» 90 Prozent des Lernerfolgs ermöglichen.
In dieser Phase kann zwischen einer moderierten oder einer nicht moderierten Methode unterschieden werden:
Die begleitete / moderierte Methode eignet sich für den Transfer von komplexem Wissen wie beispielsweise Prozessen, Notfallszenarien oder persönlichen Netzwerken.
Nicht begleitete bzw. nicht moderierte Methoden werden eher bei Transfers von einfacherem Sachwissen gewählt, z. B. wenn es um operatives Systemwissen geht. Der Wissensträger, der Nachfolger und andere Wissensträger arbeiten anhand der in Phase 1 strukturierten Themen und definierten Teilbereiche selbständig.
Ist noch kein Nachfolger bestimmt oder verfügbar, wird das Erfahrungswissen durch den Wissensträger und den Transfer-Coach mittels Wissenslandkarte auf Video (iCast, Podcast) festgehalten. Die Nachfolge erhält dann bei ihrer Einarbeitung Links zu den Videos, auf denen sie der aufgezeichnete Worksphere Map mit den Ausführungen des (dann nicht mehr anwesenden) Wissensträgers folgen kann. So wird sichergestellt, dass die neue Person bereits zu Beginn der Einarbeitungszeit komplexe Themen und den Kontext versteht.
In der Transformationsphase wird das Erfahrungswissen des Vorgängers in explizites Wissen umgewandelt. Wenn Experten dokumentieren, dann werden sie primär von anderen Experten verstanden. Weniger aber von Personen, denen das Thema (noch) nicht geläufig ist. Erschwerend kommt hinzu, dass Experten ihr Vorwissen nicht zurückstellen können, um ihre Aktivitäten mit der nötigen Aussensicht zu dokumentieren, die ein Nachfolger automatisch innehält.
Deshalb gilt: Wissensempfänger dokumentieren. Das erleichtert ihnen, in einem neuen Umfeld den Überblick zu behalten und neu erworbenes Wissen festzuhalten. Wird zu einem späteren Zeitpunkt eine Stellvertretung oder eine erneute Nachfolge eingearbeitet, zahlt sich das Erstellen eines solchen persönlichen Lern-Journals aus, da es die dann notwendige «Aussensicht» auf ein Thema fasst und als Ausgangspunkt eingesetzt werden kann. Die Struktur dieses Lern-Journals ist dabei identisch mit der Struktur der Wissenslandkarte aus der Phase «Identifikation».
Dafür hat sich KnowFrame als Tool bestens bewährt und basiert auf der Erfahrung aus mehr als 800 begleiteten Wissenstransfers für Schlüsselpersonen und Teams in Verwaltung und Wirtschaft. Es besteht aus drei integrierten Teilen:
Die neuen Beschäftigten sind damit in der Lage, rasch(er) Verantwortung zu übernehmen und wichtige Entscheide zu fällen. Leerläufe oder unbeabsichtigte Parallelarbeiten werden vermieden. Mit zunehmender Effizienz steigt die Motivation des Nachfolgers und des gesamten Teams. Komplexe Arbeitsbereiche werden zugleich transparent gemacht und die tatsächliche Jobfunktion eines Mitarbeitenden wird in geeigneter Weise visualisiert und damit nachvollziehbar.
Einholen und Auswertung des Feedbacks aus Sicht Auftraggeber / Wissensträger / Wissensempfänger. Durch kontinuierliche Anpassungen der Methodik wird eine Weiterentwicklung in der jeweiligen Organisation sichergestellt.
Weitere Informationen: Publikation "Erfolgreicher Wissenstransfer in agilen Organisationen" (Springer Verlag)
Quelle (Text und Bild): Benno Ackermann, Geschäftsführer Wissenstransfer GmbH
Wissensgebiete | Die klare Identifikation der Wissensgebiete ermöglicht ein rascheres und besseres Verständnis. |
Organisationen und Stakeholder (intern / extern) | Auf der Wissenslandkarte sind die internen oder externen sowie für den Bereich relevanten Organisationsteile aufgezeigt. Ebenso macht sie deutlich, welche Kunden involviert sind. Organisationen und Stakeholder werden mittels schwarzer Boxen dargestellt. |
Prozesse (intern / extern) | Die entscheidenden Prozesse eines Wissensbereiches werden kurz beschrieben. Sie sind auf der Wissenslandkarte mit in Stichworten beschrifteten, grünen Linien aufgezeichnet. |
Funktionen und Aktivitäten | Die eigentlichen Funktionen und Aktivitäten sind auf der Wissenslandkarte im mittleren, farblich hervorgehobenen Bereich sichtbar. |
Personen, Netzwerk | Alle für die Tätigkeit wichtigen Personen werden dargestellt und vernetzt. Der Wissensempfänger kennt deren Bedeutung für die Arbeitslandschaft und kann dadurch gleich von Anfang an das Netzwerk seines Vorgängers nutzen. |
Systeme (intern / extern) | Die erforderlichen Systeme werden rot aufgezeichnet und in Arbeitsgebiete / Prozesse integriert. |
Tägliche Arbeit / Notfall / Spezialabläufe | Die Wissenslandkarte zeigt auf, worin die neue Arbeit besteht und wie gross der Aufwand im alltäglichen Umfeld ist. Ebenso werden die Abläufe bei Notfällen oder Spezialaufgaben ausgewiesen. |
Ungeschriebene Gesetze | Hintergrundinformationen und sogenannt ungeschriebene Gesetze werden visualisiert: Dies sind beispielsweise Vorlieben oder Eigenarten eines Kunden, Besonderheiten des Vorgesetzten oder Herausforderungen mit einem anderen Team etc. |