31.03.2021
Arbeitsleben
Die Covid-19-Massnahmen verleihen der Heimarbeit seit einem Jahr Schub. Die Erfahrungen zeigen, dass die virtuelle Kommunikation sorgfältig geplant und die passenden Tools eingesetzt werden müssen. Das Homeoffice ist gekommen, um zumindest teilweise zu bleiben und es eignen sich nicht für alle Tätigkeiten gleich gut.
Die Coronavirus-Pandemie hat die Art und Weise von Büroarbeit nachhaltig verändert. Im März 2020 gab der Bundesrat erstmals eine Homeoffice-Empfehlung ab, im Januar 2021 verfügte er eine Homeoffice-Pflicht «überall dort […], wo dies aufgrund der Art der Aktivität möglich und mit verhältnismässigem Aufwand umsetzbar ist». Wo steht die Schweiz nach einem Jahr verordneter Homeoffice-Kultur?
Während des Lockdowns im Frühling 2020 stieg der Anteil der Beschäftigten im Homeoffice von 10 auf 38 Prozent. Dies ergab eine Umfrage der Markt- und Sozialforschung gfs-zürich bei Geschäftsführer*innen von Schweizer KMU. Während des Befragungszeitraums von August bis Oktober, also während den Lockerungen der Covid-19-Massnahmen, sank diese Quote zwar wieder auf 16 Prozent – doch das sind immerhin 60 Prozent mehr als vor der Pandemie. Auf Unternehmensebene sieht es im Aargau folgendermassen aus: Gemäss der Wirtschaftsumfrage 2021 der AIHK (Aargauische Industrie- und Handelskammer) schickten in der ersten Coronavirus-Welle knapp 80 Prozent der hiesigen Firmen Mitarbeitende ins Homeoffice. Dieser Wert fiel in der zweiten Welle nicht substanziell, und zwar auf knapp 70 Prozent. So gar nicht zur Homeoffice-Pflicht passen allerdings die neusten Verkehrsdaten, wie sie die Aargauer Zeitung ausgewertet hat.
Es ist inzwischen eine Binsenwahrheit, dass Homeoffice sowohl für Arbeitnehmer*innen als auch für Arbeitgeber*innen Vor- und Nachteile hat. Solche listet z. B. die Webseite Home-Office-Arbeit auf. Während Heimarbeit mehr Effizienz bzw. Produktivität mit sich bringen kann (aber nicht muss), ist die hürdenreichere bis fehlende Kommunikation mit Vorgesetzten und Kolleg*innen ein Risiko, das sich sogar auf den beruflichen Aufstieg nachteilig auswirken könne: «Schlechtere Karrierechancen, weil nicht am Puls der Zentrale vor Ort und daher nicht im persönlichen Kontakt mit dem Kader». Zudem gilt es arbeitsrechtliche Aspekte sowie den Gesundheits- und Datenschutz zu beachten.
Über die virtuelle Kommunikation zwischen Manager*innen und Mitarbeitenden allgemein hat z. B. das Wirtschaftsportal HZ in einem Ratgeber kurz nach dem ersten Lockdown geschrieben, dass es für effiziente und zufriedenstellende Heimarbeit v. a. eines braucht: klare Regeln. «Denn was im Büro ganz selbstverständlich funktioniert hat – die morgendliche Runde am Sitzungstisch, der informelle Austausch beim Kaffeeautomaten –, muss nun organisiert und strukturiert werden.» Also: nur so viele Sitzungen wie wirklich nötig und diese verbindlich planen, für die jeweiligen Themen und Personen die passenden Kanäle festlegen (Videokonferenz, E-Mail, Messenger – oder das gute alte Telefon).
Dieses Verhalten bzw. die Planung ist das eine; das andere sind die technischen Möglichkeiten. Dasselbe Portal listet unter Bezugnahme auf den Praxisleitfaden zur Arbeitswelt 4.0 der Fachhochschule Nordwestschweiz «hilfreiche Tools» für die Zusammenarbeit via Internet auf:
Der Anteil virtueller Sitzungen und damit der Einsatz von einschlägigen Konferenztools erhöhte sich während des Lockdowns gemäss gfs-Umfrage von 9 auf 20 Prozent. Lesen Sie passend auch unsere Story dazu, wie virtuelle Meetings im Homeoffice gelingen.
Fürs Homeoffice gibt es eine ganze Reihe von Killerkriterien: Erstens ist nicht jeder Job ein Bürojob; wer Kranke pflegt, eine Maschine bedient oder einen Lastwagen fährt, kann dies nicht in Heimarbeit tun. Zweitens hängt die Eignung für Heimarbeit auch von der Person ab; wer nicht gern allein ist oder sich schnell ablenken lässt, der oder dem ist es nicht wohl im Homeoffice (siehe z. B. die Checkliste «Bin ich der Homeoffice-Typ?»). Drittens ist nicht jedes «Home» automatisch ein gutes «Office»: Wer keinen separaten Raum hat, sondern am Küchentisch arbeiten muss, ist im Nachteil. Und viertens eignen sich die verschiedenen Tätigkeiten ungleich gut fürs Homeoffice. Stellvertretend sei der Erfahrungsbericht einer Bloggerin zitiert:
«Jede Tätigkeit, an der man längere Zeit alleine, konzentriert und ohne Unterbrechungen arbeiten möchte, eignet sich gut fürs Homeoffice»:
«Homeoffice stösst dort an seine Grenzen, wo zwischenmenschliche Beziehungen nötig oder vorteilhaft sind»:
Und wie steht es um die Kreativität? Wird diese durch das Homeoffice nicht regelrecht abgewürgt? Nicht unbedingt, sagen Psycholog*innen: Mit geeigneten Techniken wie der Reizwort- oder Kopfstand-Methode könnten auch extrovertierte Menschen, die den Austausch brauchen, im Homeoffice kreativ sein, denn: Kreativität sei nichts Chaotisches, sondern ein geordneter Prozess. Die Strukturiertheit also als Erfolgsfaktor von Heimarbeit.
Autor: CH Media