Am Morgen war wieder so ein Moment: Lucas Manzke, 29 Jahre alt, verabschiedete sich von einem Patienten. Zehn Monate hatte dieser in der Rehaklinik Bellikon verbracht. Als Manzke ihn zum ersten Mal sah, begrüsste er einen Mann ohne Haare, mit schwersten Verbrennungen und wenig Lebensenergie. Heute, kurz vor Mittag, schaute er mit warmem Herzen zu, wie der gleiche Mann freudigen Schrittes, mit dichtem Lockenschopf, zur Klinik hinauslief. Er sagt: «In solchen Momenten spüre ich stark, dass ich am richtigen Ort bin.»
Lucas Manzke arbeitet seit 2019 als Pflegefachmann in Bellikon. Seine Ausbildung begann er 2010 in einem Akutspital. Schon dort wusste er, dass er nach dem Abschluss nicht mehr im Akutspital arbeiten würde. In einer Arbeitspause erzählt er: «Ich wollte mehr Zeit mit den Patienten verbringen können. Für die Arbeit mit Menschen hatte ich diesen Beruf ja gewählt.»
Enge Beziehung zu Patienten und Personal
Es folgten vier Jahre in einen Pflegezentrum, in denen Manzke mehr Erfüllung fand. Doch erst als er Anfang 2019 in Bellikon Berufsluft schnupperte, wusste er, wo er hingehört. Er sagt: «An der Arbeit hier gefällt mir, dass wir mit dem Patienten und ihren Angehörigen auf die Zukunft hinarbeiten: Dass die Betroffenen nach einem oft schweren Schicksalsschlag wieder zurück in einen Alltag finden und möglichst viel Autonomie erlangen – körperlich, psychisch, sozial und beruflich.»
Da die Rehaklinik Bellikon auf komplexe Unfallrehabilitation spezialisiert ist, bleiben viele Patientinnen und Patienten für längere Zeit – manche bis hin zu einem Jahr. Dadurch bauen die sie behandelnden und betreuenden Menschen häufig enge Beziehungen zu ihnen und ihren Partnern und Angehörigen auf. Auch zwischen Pflegenden, Ärzten und Therapeuten ist der Kontakt intensiv. «An der Genesung eines Menschen arbeiten wir alle gemeinsam», sagt Manzke, «das ist in der Rehabilitation essentiell.» An den regelmässigen interdisziplinären Besprechungen würde sich das gesamte Team über seine Patienten austauschen. Manzke: «Meine Meinung hat hier viel mehr Bedeutung, und ich bringe sie auch viel mehr ein.» Die Zusammenarbeit fände auf Augenhöhe statt, und dass sich fast alle duzen, habe er vorher nie erlebt.
Freude über jeden Schritt Doch die wichtigste Quelle der Motivation für Lucas Manzke sind die Patienten. «Viele arbeiten eisern daran, zurück in einen Alltag zu finden.» Beim Eintritt würde man jeden Patienten fragen, was sein Ziel sei. Manche wüssten es erst nicht, andere würden sofort sagen: Ich will wieder zehn Schritte gehen können. Der Pflegefachmann sagt: «Das Ziel des Patienten wird mein Ziel. Auch ich freue mich dann über jeden einzelnen Schritt.» Als Beispiel nennt er einen Mann, dessen Gliedmassen amputiert wurden, und der fest entschlossen ist, eines Tages wieder Unternehmungen mit seinen Kindern und seiner Frau zu machen. «Er beeindruckt mich sehr. Sein Wille hat sich auf mich übertragen.»
Die Beziehung zwischen dem Personal der Klinik und ihren Patienten umfasst viel mehr als Betreuung und Behandlung. Lucas Manzke erzählt lächelnd: «Kürzlich wollte er die Adresse von meinem Tätowierer haben.» Die Tattoos auf Manzkes Armen sind zahlreich. Auf seinem linken Unterarm steht: «Close your eyes and open your mind.»