11.11.2020
Arbeitsleben
Wie suchen Fachkräfte eine neue Stelle? Was für Informationen bekommen sie heute im Internet und welche bräuchten sie eigentlich, um sich für einen Arbeitgeber zu entscheiden? Die Standortförderung Aargau Services hat sich zusammen mit Partnern an die Antworten dieser Fragen gesetzt und die Bedürfnisse aus Sicht der Stellensuchenden und der Wirtschaft analysiert. Zusammen mit Pionierunternehmen und Dienstleistern aus dem Aargau, welche z.B. Aus- und Weiterbildungen anbieten, wurde ein Verein gegründet, der das Ziel verfolgt, aus den Bedürfnissen der unterschiedlichen Parteien eine Win-Win-Situation zu schaffen. Work Life Aargau war geboren. Einer dieser Partner von Work Life Aargau ist die Organisation Great Place to Work. Patrick Mollet, Mitinhaber und Consultant bei Great Place to Work, erläutert im Interview, welche Bedeutung und Herausforderungen Employer Branding mit sich bringt, wie ein «Great Place to Work» gemessen wird und wie die Organisation Work Life Aargau unterstützt hat.
Aargau Services: Herr Mollet, können Sie Great Place to Work in ihren eigenen Worten erklären?
Patrick Mollet: Bei Great Place to Work sind wir Experten für Arbeitsplatzkultur. Unsere Mission ist deshalb ganz klar: Wir unterstützen Organisationen dabei, mit evidenzbasiertem Vorgehen eine hervorragende Arbeitsplatzkultur in ihrem Unternehmen zu entwickeln und zu schaffen. Great Place to Work ist eine weltweit tätige Institution, welche in unabhängigen Länderorganisationen aufgeteilt ist - seit 13 Jahren sind wir auch in der Schweiz aktiv.
Aargau Services: Wie wird ein «Great Place to Work» gemessen?
Patrick Mollet: Wir verwenden zwei Instrumente, um einen «Great Place to Work» zu messen: Einerseits führen wir eine anonyme Befragung von allen Mitarbeitern durch, um Bottom-Up Feedback einzuholen. Andererseits machen wir ein sogenanntes «Kultur-Audit», also eine Top-Down Analyse: Wir nehmen die Prozesse, Richtlinien und Massnahmen des Unternehmens genau unter die Lupe. Dabei werden Fragen gestellt wie beispielsweise: Wie funktioniert der on-boarding Prozess von neuen Mitarbeiter*innen? Wie wird intern kommuniziert? Wie misst man gemeinsam Erfolge? Great Place to Work unterscheidet sich also von einer Plattform wie kununu in dem Sinne, dass wir direkt von einer Firma beauftragt werden und gemeinsam mit dem Unternehmen nach einer verbesserten Arbeitskultur streben.
Aargau Services: Welche Bedeutung hat Employer Branding heute? Hat sich diese Bedeutung gewandelt in den letzten Jahren?
Patrick Mollet: Ich beschäftige mich seit 15 Jahren intensiv mit Employer Branding – es hat sich nicht wahnsinnig viel geändert, denn die Themen und Herausforderungen sind in den letzten Jahren die gleichen geblieben. Employer Branding ist ein strategisches Konzept, viele nutzen ihn leider synonym mit operativem Personalmarketing.
Die Dringlichkeit und das Bewusstsein hat sich aber speziell bei KMUs akzentuiert in den letzten Jahren – Grund dafür unter anderem der Fachkräftemängel, der sich mit der Pensionierung von Babyboomern verschärft hat und noch verschärfen wird. Mit anderen Worten: Firmen realisieren, dass sie beim Thema Employer Branding aktiv werden müssen, da der War for Talents immer grösser wird. Das heisst, dass die Arbeitgebermarke viel stärker in den Fokus gerückt werden muss als noch vor 10 Jahren. Ein Beispiel: es ist heutzutage für die meisten Organisationen eine Selbstverständlichkeit, dass man als Arbeitgeber sein Unternehmensprofil bei LinkedIn aktiv pflegt.
Aargau Services: Welche Herausforderungen gibt es beim Thema Employer Branding oder bei der Erarbeitung einer Arbeitskultur?
Patrick Mollet: Ich sehe die grösste Herausforderung darin, dass sich ein Unternehmen glaubwürdig und differenziert präsentieren kann. Das heisst, dass man potentiellen Arbeitnehmer*innen genau aufzeigen kann, was dich als Firma auszeichnet und was dich von anderen Betrieben unterscheidet. Eine Unternehmenskultur zu beschreiben, ist durchaus eine grössere Herausforderung, als Produktmarketing zu betreiben, wo man physische Produkte nach Grösse, Gewicht, Farbe, etc. unterscheiden kann. Aber genau diese Unternehmenskultur macht heutzutage die entscheidende Differenz aus, warum sich Mitarbeiter*innen für eine Firma entscheiden und nicht unbedingt die eigentliche Arbeit – denn eine gute Arbeitsplatzkultur motiviert und bindet Mitarbeiter*innen langfristig.
Wenn wir Workshops durchführen, zeige ich oft zu Beginn einen Ausschnitt aus dem Animationsfilm Rango – nämlich die Szene, in welcher das Chamäleon Rango eine Identitätskrise hat, weil er alle möglichen Persönlichkeiten annehmen kann. Eine passende Metapher für viele Firmen, welche definieren müssen, für was sie stehen wollen und was sie ausmacht. Denn für was möchte man einstehen, wenn man grundsätzlich alles sein kann? Die Digitalisierung und sozialen Medien erleichtern diese Differenzierung nach aussen, weil Firmen jederzeit authentische Einblick gewähren können. Jedoch ist Employer Branding kein einmaliger Social Media-Post, der abgehakt werden kann, sondern eine laufende Geschichte.
Aargau Services: Sie sind Partner von Work Life Aargau und haben das ganze Projekt mit Workshops für die beteiligten Unternehmen unterstützt. Können Sie uns einige Einblicke geben?
Patrick Mollet: Das Ziel unserer Workshops war, den teilnehmenden Unternehmen aufzuzeigen, wie wichtig Employer Branding ist und welche Vorteile ein differenziertes Unternehmensprofil bei einer Plattform wie Work Life Aargau mit sich bringt. Im ersten Teil haben wir gemeinsam mit den Unternehmen ihre Unternehmenskultur und Differenzierungsmerkmale herausgearbeitet. Danach erstellten wir eine sogenannte Employer Value Proposition, was nichts anderes bedeutet, als die Versprechen festzulegen, welche man gegenüber bestehenden und künftigen Mitarbeitern einhalten möchte. Im dritten und letzten Teil haben wir konkret an der Erstellung der Profile für Work Life Aargau gearbeitet und die Firmen einzeln gecoacht, um sich bestmöglich und attraktiv auf der Plattform präsentieren zu können.
Aargau Services: Was hat Sie an Work Life Aargau überzeugt? Gibt es etwas, das für Sie besonders hervorsticht?
Patrick Mollet: An Work Life Aargau überzeugt mich besonders, dass es nicht lediglich eine Jobplattform ist. Der Kanton Aargau und alle involvierten Parteien sind das Thema sehr umfassend angegangen und haben sich genau überlegt, welche Informationen und Mehrwerte eine solche Plattform für einen Jobsuchenden bieten soll. Auf der Plattform Work Life Aargau haben Firmen die Möglichkeit, sich professionell darzustellen und es ist ersichtlich, was den Kanton Aargau als Standort attraktiv macht. Zudem sind diverse Partner, wie beispielsweise wir, ins Boot geholt worden. Es gibt nichts Vergleichbares bisher in der Schweiz; Work Life Aargau ist mehr als eine Plattform, es beinhaltet mittlerweile eine ganze Community.
Quelle: Aargau Services, Interview mit Patrick Mollet